Warum das bedingungslose Grundeinkommen für eine Demokratie unerlässlich ist

Der ehemalige amerikanische Vizepräsident Al Gore liefert in seinem Buch "Angriff auf die Vernunft" in Kapitel 3 die Beweisführung für die Unabdingbarkeit des Bedingungslosen Grundeinkommens für eine funktionierende Demokratie:

 

"Adam Smiths Der Wohlstand der Nationen und die amerikanische Unabhängigkeitserklärung erschienen im selben Jahr. In beiden Werken wird der Mensch als unabhängig urteilendes Wesen verstanden, das anhand frei verfügbarer Informationen Entscheidungen trifft, woraus sich insgesamt die vernünftigste Verteilung von Wohlstand (bzw. Arbeit im Fall des ersteren Werkes) und politischem Einfluss (im letzteren) ergibt.

Auch Kapitalismus und Demokratie liegt dieses Prinzip zugrunde. Freie Märkte und parlamentarische Demokratie sollten beide am besten funktionieren, wenn jeder Einzelne vernunftgesteuerte Entscheidungen trifft - sei es durch Kauf und Verkauf von Eigentum, oder durch Annahme oder Ablehnung von Angeboten. Beide Werke setzen dabei das Vorhandensein einer durch das gedruckte Wort definierte Öffentlichkeit voraus, zu der alle leidlich Gebildeten gleichermaßen Zugang haben. Und beide haben einen gemeinsamen Feind: den Despoten, der willkürlich Eigentum an sich reißt und die Freiheit einschränkt.

Im Kern besteht die Freiheit in einer Doppelhelix: Zwei Stränge tauschen sich miteinander aus: die politische Freiheit und die ökonomische Freiheit. Soll die Struktur der Freiheit gewahrt bleiben, dann müssen allerdings beide Stränge trotz der engen Verschlingung ihre Unabhängigkeit behalten. Wenn man die politische und die ökonomische Freiheit in der Geschichte der Freiheit als Geschwister ansieht, dann stellt die inzestuöse Verbindung von Wohlstand und Macht die tödlichste Gefahr für die Demokratie dar. Wo Einfluss für Geld zu kaufen ist, da reicht schon die Konzentration auf einen der beiden Faktoren aus, um die korrumpierende Wirkung zu verdoppeln. Dann dreht sich die Spirale der Freiheit unweigerlich abwärts in Richtung schädlicher Verbindung von politischer und wirtschaftlicher Macht.

Das ist in der Geschichte der Menschheit immer so gewesen. Wohlstand und Macht wurden stets wieder in den Händen kleiner Gruppen konzentriert, die ihren Einfluss auf Kosten der Mehrheit festigten und den Fortbestand ihrer Macht sicherten. Dasselbe Thema erschien in immer neuen Varianten, unterbrochen von nur seltenen und denkwürdigen Ausnahmen wie dem Athen der Antike und der kurzen Phase der römischen Republik.

Die Gründung der Vereinigten Staaten stellte den vielleicht hoffnungsvollsten Widerstand gegen den gewohnten Gang der Geschichte dar. Zum ersten Mal in der Geschichte war eine große Zahl von Menschen in der Lage, kraft ihres Wissens zwischen Reichtum und Einfluss zu vermitteln. Und da der einmütige Wille der Regierten den einzig rechtmäßigen Weg zur Macht darstellte, konnte Geld nicht in Macht umgemünzt werden.

Die durch Konsens des Volkes verliehene Macht ist aber nur dann wirklich legitim, wenn dieser Konsens in vernunftbestimmter und korrekter Weise erzielt wurde. Wird das logische Denken durch Geld oder Täuschung beeinflusst, dann beruht die Entscheidung der Regierten auf falschen Voraussetzungen und jegliche durch sie verliehene Macht ist zwangsläufig ohne Legitimation. Wird der Konsens des Volkes aber durch umfassende Manipulation von Ängsten erzwungen oder mit Hinweis auf göttliche Fügung erschlichen, dann verkümmert die Demokratie. Wenn durch das Aushebeln von Vernunft und Logik ein bedeutender Teil der Bevölkerung das Vertrauen in die Rechtmäßigkeit des Verfahrens verliert, kann die Demokratie scheitern.

Bürger, die nicht mehr beteiligt sind, mögen wohl noch Anzeichen für Korruption oder verfassungswidriges Handeln erkennen - ihre Bedenken können sie aber weder äußern noch andere darauf aufmerksam machen, die nach kritischer Prüfung vielleicht ebenso entsetzt reagieren würden. Aus isolierten Individuen, die aus schallgeschützten Räumen durch Einwegspiegel hinausschauen, und deren Rufe ungehört verhallen, kann sich Opposition kaum zu einer kritischen Masse zusammenballen. Wenn zu wenige Bürger am Prozess der Entscheidungsfindung beteiligt sind, stirbt die Demokratie."

 

Und so ist es geschehen! Die kurze hoffnungsvolle demokratische Phase, die aus der Erklärung der Menschenrechte hervorging, ist schon lange gestorben. Weltweit. Zwar gilt es an vielen verschiedenen Ecken zu reparieren, sollte Demokratie wieder erblühen, aber die erste Grundvoraussetzung dafür ist nun mal die Einführung eines bedingungslosen Grundeinkommens, damit jede Frau und jeder Mann im Lande auf den Level eines Mindestwohlstands gehoben wird auf dem überhaupt die Möglichkeit besteht ein "guter Bürger, eine gute Bürgerin" zu sein und sich an politischer Mitbestimmung adäquat beteiligen zu können. Und danach ist die Verquickung von Macht und Geld zu unterbinden, mit dem Ziel, Informationsfreiheit, Menschenrechte, Würde und Freiheit der Einzelnen wiederzuerlangen.

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